Die Elsa-Brandström-Straße, eine Sackgasse im Bremer Stadtteil Horn-Lehe,
endet in einem grünen ‚Dschungel‘ voller Überraschungen!
Tritt man näher heran, erkennt man ein verwahrlostes älteres Haus.
Es scheint unbewohnt, mit bemooster Fassade und morschen Fenstern und Türen.
Man erkennt noch einige zeittypische, gestalterischen Elemente seiner Entstehungszeit,
wie z.B. Fensterläden, Sprossenfenster, Türen und das Balkongeländer.
Es handelt sich um das ehemalige Wohnhaus von Henrich Focke, dem Luftfahrtpionier und Konstrukteur von Hubschrauber ‚Kolibri‘, dem Focke-Windkanal und vielem mehr.
1949 baute dieser für sich und seinen Sohn Ingo hier an der Elsa-Brändström-Straße 45 ein Wohnhaus und lebte dort bis zu seinem Tod 1978.
Es war das erste Fertighaus in Bremen nach der Bauweise von Professor Willy Messerschmitt, ebenfalls einem bekannten Ingenieur und Konstrukteur von Fluggeräten und für damalige Zeiten ein höchst innovatives Bauwerk, das schon wenige Wochen nach dem ersten Spatenstich bezugsfertig war. Zu den verwendeten Materialien gehörten neben Schaumbetonplatten auch Leichtstahlträger.
Nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg 1945 ließ Willy Messerschmitt aus politischen Gründen vorrübergehend in seinem Bamberger Werk Fertighäuser, Nähmaschinen, Bügeleisen und den bekannten Messerschmitt Kabinenroller herstellen.
Nach dem Tod von Henrich Focke lebte dessen Sohn Ingo Focke* weiter in diesem verwunschenen Haus. Gerüchten zur Folge soll es immer noch bewohnt sein. Ich kann es mir aber nicht vorstellen!
Erwähnenswert ist noch, dass der Vater von Henrich Focke, Senatssyndikus Johann Focke, mit seiner Sammlung (ab 1880) den Grundstein für das Bremer Landes-Museum gelegt hat, das seit 1918, seinen Namen trägt.
So hat Bremen näher betrachtet, ein zweites Focke-Museum verdient, das ‚HENRICH-FOCKE-MUSEUM‘, vielleicht in Verbindung mit dem kleinen Museum des Vereins ‚Focke-Windkanal e.V.‘ ?
Es gibt auch Überlegungen, dies Haus unter „Denkmalschutz“ zu stellen.
Update: 25. August 2024 (Urfassung 11. Oktober 2015)
Henrich Fockes’s Sohn, Ingo Focke, hat tatsächlich bis zu seinem Tod in diesem verwunschenen Haus gelebt (siehe unten Kommentar von @Olaf vom 24.08.2024)
Weitere Informationen zu Henrich Focke >> hier
Weitere Informationen zu Fockes Windkanal >> hier
Weitere Informationen zu Willy Messerschmitt >> hier
Weiter Informationen zum Messerschmitt-Haus >> hier
Susanne Schweers
Ich war gestern in diesem Haus, habe mit Ingo Focke und seinem Bruder Jens Harro, welcher in Biberach wohnt, gesprochen. Ingo wohnt immer noch hier, sehr verwahrlost und ohne öffentliche Versorgung. Jens Harro möchte das Haus sanieren, was aber Ingo nicht will. Nach meinem Eindruck ist eine Wiederherstellung nicht vertretbar oder es müssten dafür Zuschüsse aus einem Denkmaltopf zur Verfügung stehen. Immerhin ist es eine einmalige Konstruktion und dürfte einen historischen Wert haben. Eine Veröffentlichung dazu gibt es unter:
https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/nbdpfbw/article/viewFile/13508/7320
Es ist für mich spannend zu erfahren, wie es damit weiter geht. Die Brüder sind in der Sache wohl nicht mehr zu vereinen.
Hallo Herr Nagelschmidt, ich danke Ihnen für Ihren aufschlussreichen Kommentar zu meinem drei Jahre alten Blogbeitrag. Kaum vorstellbar, dass Ingo Focke nach wie vor in dem Haus, ohne funktionierende Infrastruktur, lebt. Ich bin heute wieder dort vorbei geradelt. Hoffentlich finden sich noch rechtzeitig Förderer für den Erhalt des Hauses als ‘Teil der Bremer Nachkriegsgeschichte’.
Tolle Fotos mit äußerst hilfreichen Eräuterungen, Chapeau!
An weiteren Fotos (falls vorhanden) oder entsprechenden Links wäre ich sehr interessiert, ebenso an Informationen zur Architektur des Hauses und der Historie seiner (Noch-) Bewohner.
hochhuth [at] arcor [dot] de
Ingo Focke ist im Juli 2024, also vor kurzem verstorben. Er hat tatsächlich bis zuletzt in diesem Haus gewohnt, wir wohnen in direkter Nachbarschaft und haben ihn bis zuletzt immer noch auf seinem Fahrrad mit seinen Flugmodellen fahren sehen.
Das Haus ist jetzt geräumt, und wir sind gespannt, wie es dort weitergeht, ob es abgerissen wird, etc.
Hallo OlafGraf73, Danke für Ihren Hinweis zu den letzten Lebenszeichen und den Tod von Ingo Focke. Aufgrund der baugeschichtlichen Bedeutung und den Lebensgeschichten seiner bedeutenden, aber auch skurilen Bewohner, handelt es sich zweifelsfrei um ein Bremer Kulturdenkmal, so ganz in der Nachbarschaft des Bremer Fockemuseums!
Vor etwa 5 Jahren hatte ich die persönliche Gelegenheit, dieses Haus zu besichtigen. Ich durfte nur das Erdgeschoss besichtigen. Ingo wohnte nur im zweiten Stock des Hauses. Folgendes habe ich aus meiner Erinnerung gesehen: In einem Raum befand sich eine Sammlung von Vintage-Fahrrädern aus den 60er bis 80er Jahren. Insgesamt befanden sich 25-30 Fahrräder in diesem Raum. In diesem Raum mit den Fahrrädern befanden sich nur ein paar kleine Holzmöbel. Der gesamte Raum war mit einer sehr dicken Staubschicht bedeckt. Im Zimmer zur Straße hin waren keine Möbel vorhanden. Allerdings bemerkte ich eine Zeitung aus dem Jahr 2001, die auf dem Boden lag. Auch dieser Raum war mit dickem Staub bedeckt. Es gelang mir, ein Licht einzuschalten, und ich stellte fest, dass kein Stromnetz aktiv war. Dann ging ich einen Flur entlang, der zurück zur Haustür führte. Dieser Flur war voller sehr alter Geräte. Es wirkte eher wie eine Sammlung alter Geräte. Herde, Kühlschränke usw. In diesem Flur standen noch mehr Vintage-Fahrräder. Genau wie die anderen Räume war alles mit Staub bedeckt. Ingo lebte in diesem Haus ohne Strom und vielleicht auch ohne Wasser. Ich bin nicht zum Waschbecken gegangen, um zu testen, ob die Wasserversorgung funktioniert.